10 Beine auf einem Boot

20.07.2019

Heute startet die erste "Langtour" mit zwei Hunden. Am Donnerstag hatte ich das Boot schon weitestgehend gepackt, damit ich das nicht machen muss, wenn die Hunde dabei sind. Viertel vor elf legen wir ab. Wir wollen heute schon nach Kapp, um morgen in Hamar zu sein, wo wir um 17 Uhr mit Gwennys Mutter auf dem Hundeplatz verabredet sind.


Die Mannschaft

Mit Motor fahren wir nach Finsandvika und kommen dort viertel nach zwölf an. Der Hundespaziergang verläuft ereignislos, Monty hebt mal kurz das Bein, das war alles von beiden. Na, das kann ja heiter werden. Gwenny ist immer noch nicht ganz stubenrein, ab und zu finden wir noch im Haus eine Pfütze oder einen Haufen. Bei der langen Tour, die noch vor uns liegt, wird das Boot wohl nicht verschont bleiben. Ab Finsandvika segeln wir. Beim letzten Segeln, dem ersten mit Gwenny, hatte ich ein merkwürdiges Erlebnis. Es war schöner Wind, erst schräg von vorne, dann drehte er und frischte plötzlich stark auf. Ich drehte das Boot um und reffte sofort das Großsegel. Danach schlug es wie wild. Die ganze Situation war unangenehm und ich verstand nicht, was los war. Also nahm ich beide Segel herunter und fuhr mit Motor zurück. Während Monty etwas besorgt aus der Kajüte schaute, schlief Gwenny. Schön, dass sie so ein Vertrauen hat.


Pause in Finsandvika

Ich gebe zu, dass mich dieses Erlebnis etwas verunsichert hat. Irgendetwas hatte ich falsch gemacht, aber was? Als ich nun das Segel setzte, waren die Reffleinen noch so, wie damals. Da auch heute der Wind erst stärker war, ließ ich das Reff so stehen. Und siehe da, das Segel schlug wieder so komisch. Nun hatte ich aber Zeit, weil der Wind nicht so unheimlich war, wie neulich. Und dann fand ich die Ursache. Das Segel kann zweimal gerefft werden, dazu hat es vorne und hinten je zwei Augen. Für das erste Reff bindet man das jeweils erste Auge am Baum fest, für das zweite das jeweils zweite. Wenn man aber vorne das zweite und hinten das erste Auge festbindet, steht da kein Segel mehr, sondern nur noch unförmiges Tuch. Das kann nicht schön stehen, sondern nur schlagen. Da bin ich aber beruhigt, den Fehler gefunden zu haben. Das passiert mir so schnell nicht wieder. Nach der Korrektur segelt SINAto wie immer. Na also. Es dauert auch nicht lange, da kann ich das Reff ausschütten. Wir haben ein paar Mal schön Schräglage, gut zu sehen, dass auch Gwenny damit umgehen kann, und dann wird es allmählich ruhiger. Wenn ich heute noch nach Kapp kommen will, muss ich wohl motoren. Nach einer Stunde Segeln kommen die Segel herunter und der gute alte Zweitakter wird gestartet. Seit der letzten Inspektion im Winter ist er deutlich leiser, sehr schön. Gegen halb acht legen wir in Kapp an. Gwenny hat tatsächlich durchgehalten, kein Malheur im Boot. Gutes Mädchen.


Abendbrot in Kapp, die erste Mahlzeit an Bord

21.07.2019

Heute ist, laut Wettervorhersage, der schlechteste Tag. Viel Regen soll es geben. Das fängt schon morgens an, es tropft aufs Boot. Gegen acht startet der Hundespaziergang, bis wir loskommen, ist es wohl zehn Uhr. Trotz Regen haben wir Wind, und ich setze die Segel. Der Wind ist unstetig, dazu haben wir auch noch Welle, ich reffe das Groß. Immer noch ist es unbequem. Als das Vorsegel herunter ist und immer noch das Boot in den Böen ordentlich krängt, nehme ich das Großsegel ganz weg und starte den Motor. Bis zur Südspitze von Helgøya geht es nun mit Motor. Gegen den recht starken Wind brauchen wir zwei Stunden. Um Helgøya herum kommt der Wind von der Seite. Ich ziehe das Vorsegel hoch und stoppe den Motor. Wir kommen ganz gut voran. Als der Wind nachlässt, setze ich wieder das Großsegel, erst mit dem eingebundenen Reff, später ganz ohne. So kommen wir allmählich nach Hamar, kurz nach zwei Uhr liegen wir fest am Gästekai.


Eine neue Untiefenboye südlich von Helgøya

Erst kommt die Hunderunde, danach ein Süppchen und das übliche Nickerchen. Das Leben kann so einfach sein. Während wir so herumliegen, schüttet es aufs Boot, sehr gemütlich. Als es gegen fünf Uhr geht, hört der Regen auf. Zeit für den Hundeplatz. Izzy, Gwennys Mutter, ist schon da, einschließlich drei Personen der Familie. Ein großes Hallo, Gwenny saust von einem zum anderen. Ob sie jemanden wiedererkannt hat, oder ob sie einfach freundlich wie zu allen anderen Menschen ist, ist schwer zu sagen. Auf jeden Fall wird viel gelaufen und geschwommen. Monty schwimmt weit hinaus, um einen Stock zu holen. Das hat er erst letzte Woche richtig gelernt. Und auch Gwenny schwimmt, zum ersten Mal in ihrem Leben. Nach einer Stunde trennen sich unsere Wege. Auf dem Rückweg zum Boot treffe ich Klaus, der seine Maxi 77 fertig macht, morgen soll sie zu Wasser. Wir klönen eine Zeit lang und sind danach um sieben Uhr am Boot. Endlich Abendbrot für die Vierbeiner. Danach müssen wir Benzin für den Außenborder holen. Ein 10- und ein 5- Liter-Kanister, dazu zwei Hunde an der kurzen Leine. Die Tanktelle ist mindestens zwei Kilometer entfernt. Als wir zurück sind, bin ich durchgeschwitzt. Die Hunde sind jetzt platt, es ist neun Uhr und beide schlafen fest. Zeit, an mein Essen zu denken. Und ans Berichtschreiben.

Gwenny trifft ihre Mutter


22.07.2019

Die Plätze sind verteilt. Gwenny schlief schon die erste Nacht bei mir, auf dem Schlafsack auf meinen Beinen unterhalb der Knie. Ziehe ich die Beine etwas auseinander, rutscht sie in eine Mulde und schläft die ganze Nacht dort. Will ich mich umdrehen, wecke ich sie zwangsläufig. Monty schlief aus Gewohnheit noch in der Bootsmitte. Letztes Jahr hätte ich ihn bei mir schlafen lassen, aber damit konnte er nicht umgehen, so flog er wieder raus. Natürlich beobachtet er Gwenny und lernt auch von ihr. Gestern früh vorm Aufstehen wollte er auch mit nach vorne. Das wurde erlaubt und er legte sich ganz ruhig dazu. Na also, geht doch. Gestern Abend wollte er gleich mit. Gwenny schlief also auf dem schon beschriebenen Platz und Monty legte sich neben mich. Er schlief da die ganze Nacht und zuckte nicht einmal. Uns, also den Hunden und mir, reicht die Vorpiek, sogar das gesamte Gepäck liegt da über Nacht. So haben wir noch Platz für maximal zwei Gäste, die keine Allergien oder sonstige Vorbehalte gegen Hunde und deren Bedürfnisse haben. Eine Tour wie vor zwei Jahren mit Rainer und Michel ist jetzt wieder machbar.

Recht früh waren wir auf. Die Uhr hängt auf der Rückseite vom Schott. Wenn ich die anschaue, ist Gwenny wach, dann können wir auch gleich aufstehen. Das war um sieben. Die erste Stunde verbrachten wir auf dem Hundeplatz, dann gab es Frühstück, natürlich erst für die Hunde. Danach hingen wir alle drei durch. Links und rechts von mir wurde geratzt, ok, demokratischer Beschluss, mache ich es auch. Als wir dann so gegen halb zehn zum Waschraum zogen, war richtig schönes Wetter. Sofort war, zumindest bei mir, die Segellust wieder da. Gegen zehn Uhr legen wir ab und setzen die Segel. Schönstes Wetter mit schwachem Wind lässt uns über den heute glatten Mjøsa schleichen.


Bei ganz schwachem Wind darf die Mannschaft ins Cockpit

Gegen halb eins haben wir noch nicht einmal die Hälfte von Helgøya geschafft. So kommen wir nicht nach Kapp. Der Wind hatte da auch schon ganz aufgegeben. Fahren wir mit Motor nach Nes? Oder zurück nach Hamar? Schließlich gewinnt der Hundeplatz und wir motoren nach Hamar zurück. Noch eine Stunde Action auf dem Hundeplatz. Monty ist so platt, dass er sich widerstandslos anleinen lässt. Gegen vier Uhr helfe ich Klaus und Burghard beim Stellen des Mastes auf Klaus Maxi 77. Seit sieben Uhr ist Ruhe im Boot, die Hunde sind fertig. Vielleicht fahren wir morgen erst nach dem Mittagsspaziergang. Dann haben wir mehr Zeit. Nachmittags war heute auch wieder Wind, vielleicht ist es morgen ähnlich. Wir werden sehen.

23.07.2019

Die Nacht verlief wie die vorige. Sechs Kilo Hund auf dem Schlafsack können ganz schön lästig werden. Drehe ich mich nicht ab und zu um, kann ich nicht mehr schlafen, denn dann tut es irgendwo weh. Es mag so gegen fünf Uhr gewesen sein, als es so weit war. Ich griff Gwenny am Halsband und zog sie vom Schlafsack herunter neben mich. Dort blieb sie liegen und schlief einfach weiter. Geht doch. Erst kurz vor acht war danach die Nacht zuende. Zuerst war wieder der Hundeplatz dran, dieses Mal waren wir alleine dort. Danach gab es Frühstück und unsere morgendliche Ruhepause. Um elf dann wieder zum Hundeplatz. Mindestens sechs andere Hunde waren dort. Monty und Gwenny tobten etwa eineinhalb Stunden herum, sie mussten ja noch länger im Boot aushalten. Gut, wenn sie da schon kaputt sind.

Am Boot angekommen, fährt gerade ein schickes Segelboot aus dem Hafen. Kunststoffrumpf mit Holzaufbau, vermutlich eine Vindö. Wie es aussieht, auch ein Alleinsegler. Als wir den Hafen verlassen, hat sie schon Segel gesetzt und segelt Richtung Nes. Da ich nach Kapp will, segele ich gleich Richtung Süden. Nach einiger Zeit sehe ich sie westlich von mir auch Richtung Süden segeln. Wie man sagt, ist ein Segelboot Ruhe und Erholung, zwei Segelboote aber sind eine Regatta. Da das Wasser bei ihr bewegter aussieht, wende ich nach Westen auf sie zu. Sie ist deutlich eher an der Stelle, an der sich unsere Wege kreuzen. Ich segele vielleicht 100 Meter darüber hinaus und wende wieder Richtung Süden.


Die Vindö 40 ...

Nun segeln wir beide in die gleiche Richtung, der Wind kommt von vorne rechts. Schon bei dem noch recht großen Abstand merke ich, dass ich mit SINAto etwas höher segeln kann, das heißt, wir fahren nicht ganz parallel, ich kann etwas mehr gegen den Wind segeln. Unser seitlicher Abstand vergrößert sich etwas. Nach einiger Zeit wendet die Vindö wieder Richtung Westen. Unsere Wege werden sich also wieder kreuzen. Da ich ja einen besseren Winkel fahren konnte, ist der Abstand deutlich geschrumpft. Direkt in ihrem Kielwasser wende ich, fahre ihr also direkt hinterher, liege vielleicht 100 Meter zurück. Nun ist es eindeutig zu erkennen. Der Wind kommt jetzt von vorne links und ich kann weiter nach links fahren, als sie. Wenn sie versucht, den gleichen Winkel zu fahren, fällt ihr Vorsegel ein. Und nicht nur der Winkel ist besser, SINAto ist auch einen Hauch schneller. Ganz langsam komme ich heran. Lange Zeit fahren wir nebeneinander her mit seitlich zunehmendem Abstand. Es ist selten, dass man am Mjøsa mit einem anderen Segelboot zusammen fährt. Umso schöner ist es. Ich habe einige Bilder geschossen. Mal sehen, ob ich irgendwie an die Adresse des Seglers herankomme, dann schicke ich ihm die. Mich würde es freuen, Bilder von SINAto in Aktion zu bekommen. Je näher wir an die Südspitze von Helgøya kommen, umso mehr nimmt der Wind ab. Der Zweikampf wird nun eindeutig entschieden. Die Albin Express ist bei schwachem Wind richtig gut. Als die Vindö praktisch stehen bleibt, segelt SINAto einfach weiter, wenn auch sehr langsam. Unsere Wege trennen sich. Ich will um Helgøya herum nach Kapp, die Vindö segelt weiter Richtung Süden.


... laut Klaus das schönste Boot im Hafen. Recht hat er

Eine Stunde lang ist es sehr zäh und auch sehr warm. Schließlich bekommen wir wieder etwas Wind und segeln so komplett durch bis Kapp. Fünf Stunden haben wir für die Strecke benötigt. Während Monty sich mit scharfem Blick gegen die lange Arbeitszeit für die Leichtmatrosen beschwert, nimmt Gwenny es praktisch und schläft einfach. Bei der Hafeneinfahrt in Kapp tanzt das Hafenballett. Rechts ist der Gästesteg, von beiden Seiten nutzbar. Außen liegen drei Motorboote, innen eins. Innen möchte ich anlegen, da ist es geschützter. Das Boot innen wirft gerade die Leinen los, ich fahre ganz langsam, damit die Zeit haben, zu verschwinden. Das Motorboot fährt rückwärts aus dem Hafen. Gleichzeitig kommt ein anderes, das links ablegt und in einem großen Rechtsbogen umdreht. Diese beiden Boote, das rückwärts fahrende und das wendende, stoßen nun irgendwie so zusammen, dass sie als Päckchen links den Hafen verlassen. Ich biege also nach rechts ab, will ja sowieso zum Gästesteg. Es kommt noch ein Motorboot aus dem Hafen, dem Päckchen folgend, während ich in einer scharfen rechtskurve zum Gästesteg abbiege. Eine tolle Choreografie.

24.07.2019

Noch eine Regatta, aber der Reihe nach. Es ist warm, mir schon fast zu warm. Wir wollen wieder zurück nach Hamar. Das ist, zumindest mit den Hunden, das sinnvollste, zwischen Hamar und Kapp hin- und herzufahren. Eine Tour dauert so fünf Stunden, ist landschaftlich sehr schön, weil es um Helgøya herum geht und vom See ist es die schönste Ecke, weil der Mjøsa hier am breitesten ist. Fahren wir nach dem Mittagsspaziergang los, sind wir vor dem Abendbrot da. Heute Vormittag ist auch noch kein Wind. Nur warm. Wir gehen zweimal baden, beide Hunde schwimmen nach Stöckchen, da sind die schon mal abgekühlt.

Kurz vor Mittag steht eine schwarze Wolkenreihe über Kapp mit sehr hohen Wolken. Wenn die kein Gewitter bringen, bringen die vielleicht Wind. Um halb eins sind die Segel gesetzt und es weht ein wenig, wir kommen langsam voran. Die schwarzen Wolken schieben sich vor die Sonne, da brennt die endlich nicht mehr so. Ich fahre nur mit T-Shirt und Jeans, dazu ist es warm genug. Über dem Land hängt ein Schauer aus der Wolke. Ob der mehr Wind bringt? Noch ist es warm und trocken, trotzdem ziehe ich das volle Regenzeug an. Kommt mit dem Regen Wind, könnte es hektisch werden, da will ich mich nicht auch noch mit den Klamotten beschäftigen müssen.


Diskussion mit dem Mannschaftssprecher über die Wettersituation

Eine Zeit lang sitze ich gut eingepackt herum. Da die Sonne nicht mehr scheint, kann ich es aushalten. Und dann schüttet es, ohne Regenzeug wäre ich bis auf die Haut nass gewesen. Die Hunde werden in der Kajüte eingesperrt, Schott eingesteckt und Luke zugezogen, damit es darin trocken bleibt. Der Wind dreht etwas, wird aber nicht stärker. Was ist das herrlich. Segeln bei einem angenehmen Wind, während der Regen auf das Wasser prasselt, und natürlich auf das Boot und mich. Der Schauer ist sehr lokal, ich kann das Ende auf dem Wasser sehen. Etwas dauert es aber, bis ich dort angekommen bin. An der Südspitze von Helgøya ist es wieder trocken, warm und fast windstill. Wir dümpeln langsam vorwärts.

Da sehe ich auf der Sitzbank einen aufgebogenen Sicherungsring. Wo kommt denn der her? Ich suche auf dem ganzen Boot herum, wo der herausgefallen ist. Nichts. Sowas macht mich nervös, irgendwoher muss er gekommen sein. Bei der nächsten Wende ziehe ich an der Schot vom Vorsegel. Pling. Liegt an der gleichen Stelle ein dünner etwa fünf Zentimeter langer Bolzen. Der wurde vorher von dem Sicherungsring gehalten. Verdammt, ich suche weiter. Schaue besonders den Mast rauf und runter, nicht, dass der mir umfällt, weil der Bolzen da etwas wichtiges gehalten hat. Aber solch ein Bolzen gehört nicht zum Mast, der wäre auch viel zu schwach für etwas wichtiges. Trotzdem muss ich die Stelle finden. Weil sowieso kein Wind ist, denke ich daran, die Segel herunter zu nehmen und den Rest mit Motor zu fahren, bis ich das Rätsel gelöst habe. Da, die Klemme am Fußblock der Großschot ist verstellbar und jetzt frei beweglich. Für die Nichtsegler ist es das Teil, das das Tau festhält, mit dem man das Großsegel, also das hintere, einstellt. Der Bolzen passt perfekt, um die Klemme festzusetzen, und an den aufgebogenen Sicherungsring konnte ich mich auch wieder erinnern.


Sicherungsring und Bolzen sitzen wieder am Platz

Man sollte solche kleinen Fehler sofort in Ordnung bringen, wenn man die sieht. Beruhigt segele ich weiter. Es kommt auch noch ganz schöner Wind dazu. Und die schon angekündigte Regatta. Schon seit einiger Zeit ist mir am Ostufer ein Segelboot aufgefallen, das dort merkwürdig sinnfrei hin- und herfährt. Ich bin mitten auf dem Mjøsa vorm Wind, also mit Wind von hinten, Richtung Hamar. Das andere Boot fährt nun Richtung Westen nach Helgøya, mit gebührlichem Abstand vor meiner Nase. Als es wohl 300 Meter seitlich von mir ist, dreht es vor den Wind. Es liegt ein Stück vor mir. Deutlich sehe ich, wie das Vorsegel ausgebaumt, also mit einer Stange groß aufgehalten wird, um mehr Widerstand zu produzieren. Der hat auf mich gewartet und will jetzt einen ausfahren. Pech für ihn, sich dazu eine Albin Express ausgesucht zu haben. Ich fahre einfach an ihm vorbei, ohne ausgebaumtes Vorsegel. Heute war ich mal wieder besonders zufrieden, dieses Boot gekauft zu haben. Für dieses Revier mit doch eher schwächerem Wind ist es einfach ideal geeignet.

25.07.2019

Simone würde heute Abend die Hunde in Gjøvik abholen, dann hätte ich noch drei Tage für mich alleine zum Segeln. Gjøvik - Tangen - Gjøvik - Lillehammer wäre eine schöne Mammutstrecke ohne Hunde. Andererseits komme ich mir komisch vor, die Hunde von Bord zu schicken. Wir haben die ganze Tour zusammen gemacht, und die war gut so, dann können wir sie auch zusammen zuende fahren. Ich denke da länger drauf herum. Bis Mittag sind wir noch zweimal auf dem Hundeplatz, dann kommt etwas Wind und wir legen ab. Wir segeln vielleicht eine halbe Stunde. Es ist warm und der Wind ist weg. Das führt die Entscheidung herbei. Ich fahre nicht mit Motor nach Gjøvik, um dann noch drei Tage alleine in der Hitze herumzudümpeln. Wir machen uns stattdessen zusammen allmählich auf den Heimweg. Mit Motor fahren wir an Helgøya vorbei und dann immer geradeaus. Totenvik ist ein Hafen, den ich noch nie besucht habe.


Totenvik, im Hintergrund Helgøya von Süden aus gesehen

Er ist der südlichste Punkt unserer diesjährigen Tour. Mal sehen, ob ich die Gästeplätze finde. Die Einfahrt in den Hafen ist seitlich von links, der Hafen hat dann zwei Fahrrinnen nach links, an denen beidseitig Boote liegen können. An der Einfahrt steht "Willkommen" und darunter "Gästebrücke" mit einem Pfeil nach links. Ich biege also gleich links ab und lege an einem der ersten freien Plätze an. Der Platz ist nummeriert, da liege ich sicherlich falsch. Ich lasse Boot und Hunde zurück und mache mich auf den Weg, genaueres herauszubekommen. Da ich weiß, dass der Hafen nicht tief ist, will ich unnötiges Suchen mit dem Boot vermeiden. Die nette Dame in der Gastronomie meint, ich könne da ruhig liegen bleiben, obwohl das kein Gästeplatz sei. Na, das kenne ich schon. Mit Rainer und Michel hat uns in Gjøvik eine Motorbootbesatzung nachts aus dem Bett gejagt, weil wir auf deren Platz lagen. Da meinte auch vorher wer, wir könnten da ruhig liegen bleiben. Auf dem Weg zurück zum Boot sehe ich einen jungen Mann in einem Angelboot, den spreche ich an. Erst zeigt er mir, wo die Gästeplätze wirklich sind - natürlich in der zweiten Reihe - und dann bietet er mir wegen der benötigten Wassertiefe einen Platz in seiner Nähe an. Der gehört seinem Vater und dessen Boot kommt heute nicht mehr zurück. Auf dem anderen Platz liegen zu bleiben, hielt er auch nicht für ratsam. Also ziehe ich SINAto um, er hilft mir sogar beim Festmachen. Danke.

Dann sind die Hunde dran. Erst mal baden und etwas umschauen. Das ist hier ein Boots- und Campingplatz mit größerer Gastronomie und reichlich Leben. Spaziergang mit den Hunden auf Asphalt in brütender Sonne. Da gibt es nettere Plätze. Danach ziehe ich mit dem Handlot los und messe die Tiefe der Gästeplätze. Der Mjøsa ist recht voll Wasser, trotzdem haben die Gästeplätze nur Tiefen zwischen eineinhalb und zwei Metern. Kein Paradies für Segler. Beim zweiten Hundespaziergang, Asphaltweg in die andere Richtung, ist plötzlich Wind da. Zurück am Boot ist es acht Uhr. In zwei Stunden könnten wir in Kapp sein. Doch noch Segeln heute? Klar, los, so toll ist das hier nicht. Die Hunde, einen festen Tagesablauf gewöhnt, sind etwas verwirrt, als sie schon wieder die Rettungswesten angezogen bekommen. Eigentlich war jetzt ja wohl Rumdösen angesagt. Es geht trotzdem los, ich spiele die Kapitänskarte aus. Raus aus dem Hafen, Segel gesetzt und ab Richtung Kapp. Der Wind ist recht drehend und unstabil. Ich gebe mir Zeit bis neun Uhr, segeln wir dann nicht in gleicher Geschwindigkeit, wie mit Motor, wird der Rest der Strecke motort. Und so kommt es auch. Segel herunter kurz nach neun Uhr und mit Motor dem Sonnenuntergang entgegen. Dazu eine herrliche Luft, gerade so mit T-Shirt auszuhalten. Super nach der Hitze des Tages. Von der tiefstehenden Sonne muss ich Bilder machen, also rein in die Kajüte und die Kamera holen.


Sonnenuntergang kurz vor Kapp

Gleichzeitig mal sehen, dass es den Hunden gut geht. Monty sieht zufrieden aus, und Gwenny? Gwenny ist weg! Ich rufe sie, schaue im Schlafraum und unter der Treppe. Nichts. Die wird doch wohl nicht beim Segelherunterholen ins Cockpit gekommen sein, und dann wohl über Bord? Im Cockpit ist sie auch nicht. Ich nehme erst einmal Gas weg und schaue ins Kielwasser. Da ist nichts zu sehen. Aber wenn sie da wäre, wäre sie überhaupt zu sehen? Nein, das darf nicht sein, habe sie weder gesehen noch irgendetwas gehört. Sie muss im Boot sein. Nochmal suchen, so groß ist das Boot ja nicht. Aus der Rummelecke mit den Kissen, Decken und dem zweiten Vorsegel, passend auch Hundekoje genannt, schauen mich von ganz hinten zwei braune Augen an, als sagten sie: "Ich wollte nicht segeln, ich wollte dösen". Mir fallen Steine vom Herzen. Wieder Gas geben und diese bis dahin schöne Fahrt fortsetzen. Um fünf vor zehn geht die Sonne unter, zwanzig Minuten später liegen wir in Kapp fest. Perfektes Timing.


Abendstimmung in Kapp

26.07.2019

Er macht das tatsächlich mit voller Absicht. Wir hatten das neulich schon in einem anderen Zusammenhang erlebt, auf dem Boot machte er es heute zum zweiten Mal. Unsere übliche Dösroutine läuft so ab: Wir sitzen alle drei auf der Backbordkoje, weil ich vielleicht gerade eine Suppe esse. Dann räume ich die Küche weg und lege mich auf die nun frei gewordene Steuerbordkoje. Kurz darauf schlendert Gwenny , als wäre es rein zufällig, hinterher, schaut hier und da und legt sich dann auf meinen Bauch. Monty kleckert irgendwann hinterher und wählt den nächstbesten Platz. So liegen wir, bis ich die Situation beende. Was nun, wenn Monty bei mir auf dem Bauch liegen möchte? Er könnte natürlich zuerst gehen. Gwenny ist aber energisch genug, ihn von dem Platz zu vertreiben, wenn sie den haben will. Das könnte er umgekehrt auch tun, weiß aber sicherlich, dass ich das nicht dulden würde. Gwenny würde ich das auch nicht durchgehen lassen, soweit denkt er aber wohl doch nicht. Neulich warf er sich auf das Hundekissen, wälzte sich auf dem Rücken und simulierte totale Begeisterung. Gwenny sah das und musste das natürlich auch haben. Also sprang sie in das Hundekissen, drängelte Monty weg und amüsierte sich. Monty ließ sie gewähren und legte sich auf meinen Bauch. Heute war das Spielzeug dran, das ich extra für die Reise gekauft hatte. Monty findet das total langweilig, Gwenny nagt gelegentlich daran herum. Ausgangssituation ist die gleiche, Gwenny liegt auf meinem Bauch. Monty fängt an, mit dem Spielzeug zu spielen, als gäbe es nichts besseres. Prompt steigt die Begeisterung bei Gwenny für dieses Langweilteil und sie nimmt es Monty weg. Seine Gegenwehr ist gering, ist doch mein Bauch frei, auf dem er es sich sofort gemütlich macht. Respekt, Monty, Du bist ein schlauer Fuchs.


Abfahrt von Kapp

Heute ist die Tour nach Gjøvik dran. Wir warten lange, ob es Wind gibt. Ich könnte auch an Gjøvik vorbeifahren und in Finsandvika übernachten. Das ist besser, als sich über einen fehlenden Liegeplatz in Gjøvik zu ärgern. Von Finsandvika sind es mit Motor keine zwei Stunden nach Lillehammer. Aber vielleicht bekommen wir doch noch Wind und können dieses letzte kurze Stück segeln, da lohnt es sich auch, eine kleine Flaute auszusitzen. Falls es noch etwas Nettes zu filmen gibt, will ich die Kamera am Heckkorb montieren. Plumps. Zum Glück nur die eine Schraube der Halterung. Da muss ich erst eine neue besorgen, bevor ich damit wieder filmen kann. Muss ich bis dahin mit der "normalen" Kamera filmen, oder die Actionkamera mit der Hand halten. Die Fahrt an sich bringt keine Überraschungen. Es ist einfach nur warm, die Hunde dürfen ins Cockpit, bekommen einen Sonnenschutz über den Baum gehängt und ab und zu eine Dusche aus dem Schwamm.


Schattenplatz im Cockpit

So richtig toll finden sie das aber nicht. Nach viereinhalb Stunden sind wir in Finsandvika, wo Monty und Gwenny beide schwimmen. Die diesjährige Langtour ist nun fast zuende. Zeit, ein Fazit zum Segeln mit zwei Hunden zu ziehen. Mit Monty alleine ging es letztes Jahr sehr gut. Jetzt mit Gwenny zusätzlich ging es bald noch besser. Gwenny hat ein Gottvertrauen in meine Unfähigkeit. Während Monty schon ab und an etwas besorgt schaut, weil er es bestimmt selbst besser gekonnt hätte, schläft Gwenny die ganze Zeit. Nur selten, dass sie mal aus der Kajüte herausschaut. Schräglage, schlagende Segel, Unruhe an Deck, nichts stört sie wirklich. Nur rumpelnde Wellen von Motorbooten schrecken sie gelegentlich auf, ist dann aber sofort vergessen. Sie war auch die erste, die selbstständig an Bord gehen konnte, Monty musste es ihr dann aber unbedingt nachmachen. Er war dann so eifrig, dass er vom Cockpit in die Kajüte sprang, was einen Absturz am Niedergang zu Folge hatte. Das wird er wohl nicht noch einmal probieren.


Der letzte Abend der Tour, in Finsandvika

Einsteigen ins Boot ist aber für beide kein Problem, wenn das Boot seitlich an einem Kai liegt und der Höhenunterschied gering ist, auch wenn da ein knapper halber Meter Luft zwischen Boot und Kai ist. Aussteigen dürfen sie aber nicht selbst, obwohl Gwenny auch das schon in Hamar getan hat. Das Verbot folgte auf dem Fuß. Nachteilig ist zum einen die Hitze, die können beide nicht wirklich gut ab. Dann Gwennys Konfirmandenblase, die zu geregelteren Reiseplänen führt, aber vielleicht gibt sich das ja noch. Und alleine sein mag sie garnicht. Wage ich es, alleine eine Waschgelegenheit aufzusuchen, schreit sie den halben Hafen zusammen. Der Kapitän ist weg und der Mannschaftssprecher ist kein würdiger Vertreter. Das ist ein nicht auszuhaltender Notstand. Daran werden wir wohl irgendwie arbeiten müssen. Sie ist aber auch noch jung. Segeln mit diesen beiden Hunden ist auf jeden Fall toll, aber nun ist die Mannschaft voll.

27.07.2019

Morgens klappert es im Boot. Wir haben Wind. Um sieben die Hunde raus, Ablegen um acht ohne Frühstück. Die Mannschaft hat natürlich gefuttert. Ein angenehmer Nordwind führt uns bis Vingrom, dann ist es spiegelglatt auf dem Wasser. Immerhin noch einmal eineinhalb Stunden gesegelt. Nun wieder Segel runter und Motor an.


Lillehammer voraus

Am Samstag viertel vor elf legten wir ab, heute, wieder Samstag, legen wir um viertel vor elf an der selben Stelle wieder an. Wir waren genau eine Woche unterwegs. Nun wird noch das Frühstück nachgeholt, alles weggeräumt, dann geht es nachhause.


Auch dieses Jahr hatte ich meine Actionkamera mit und die gelegentlich mitlaufen lassen.


eMail Gästebuch

01.08.2019