Erster mehrtägiger Törn mit SINAto

23.07.2016

Genau so hatte ich mir das immer vorgestellt: Man fährt in eine Bucht, legt sich vor Anker und lebt dann bis zur Abfahrt am nächsten Tag auf dem Boot. Heute ist es endlich soweit, aber der Reihe nach. Der erste mehrtägige Törn mit dem neuen Boot, SINAto, beginnt. Am Vortag war das Boot bereits fertig gepackt, so dass nur noch die allerletzten Kleinigkeiten gestaut werden mussten, bevor ziemlich genau um zehn Uhr die Leinen losgeworfen werden konnten. Gewitter war für Mittag angesagt, aber die Zuverlässigkeit der Wettervorhersage lässt eher erwarten, dass genau das nicht passieren wird. Es ist bedeckt und es geht ein leichter Wind, zum Glück ist SINAto ideal zum Segeln mit wenig Wind, und so haben wir die Standardlandmarke Kirche Vingrom schon nach einer knappen Stunde hinter uns gelassen. Gegen Mittag, als es das Gewitter geben sollte, beginnt es zu regnen, nicht sehr stark, aber doch so, dass Segeljacke und -hose richtig nass werden. Macht aber nichts, das gehört dazu.



Abfahrt Richtung Süden

Navigation ist ja eine Sache, bei der ich schon manches Mal bewiesen habe, dass es nicht gerade meine Stärke ist. Heute will ich aber nicht wieder daneben langen, deshalb versuche ich ständig die aktuelle Position auf der Karte mitzuverfolgen. Mit SINAto geht das viel einfacher, da sie nicht kentern kann - zumindest nicht bei üblichen Wetterlagen - und die Karte in der Kajüte oder direkt im Cockpit liegt, wo ich sie gut einsehen kann. Mit Hilfe eines Gummistropps fährt SINAto bei leichterem Wind sehr gut eine Zeit lang alleine. Mit SINAen war das schwieriger. Die Karte klebte hinten auf der Backskiste, bis ich mich da richtig orientieren konnte, musste ich schon wieder auf den Kurs zum Wind und die Segel achten. Eine große Hilfe sind die Campingplätze, sie sind deutlich vom Boot zu erkennen und in der Karte eingezeichnet. So war es dann ganz einfach, und ohne Zweifel konnte ich schon aus weiter Ferne die Bucht ausmachen, die ich mir als mögliche Übernachtungsstätte ausgeguckt hatte.



Abendstimmung vor Anker

Der erste Ankerplatz war zu früh erreicht, so dass ich den zweiten, diese Bucht auf der Ostseite des Mjøsa kurz vor Moelv, anlief. Gegen halb fünf ging der Anker auf Grund, etwa vier Meter tief. Sechs Stunden Segeln soll für den ersten Tag genug sein, ist ja schließlich Urlaub. Der neue Spirituskocher, ein Origo 3000, hat auch schon sein Können gezeigt, ganz einfach in der Bedienung ohne Aufwärmphase und Stichflammen, was man über andere Modelle lesen kann, wird einfach nur angezündet und brennt dann.



Frühstück wird draußen serviert

24.07.2016

Habe unruhig geschlafen, war die erste Nacht auf dem Boot und außerdem vor Anker. Ein paar Mal bin ich aufgestanden und habe die Lage kontrolliert. Doch der Anker hat gut gehalten. Gegen halb sieben bin ich dann aufgestanden, und nach einem kurzen Frühstück ging es Anker auf. Viertel vor acht sind wir wieder unter Segel. Bis zur Mjøsabrücke ist es nicht mehr weit, dank eines nur schwachen achterlichen Windes dümpeln wir aber über eine Stunde zu ihr hin, nach zwei Stunden, die Brücke ist schon lange passiert, aber noch nicht weit weg, totale Flaute. Eine Stunde lang regt sich nichts. Zu segeln bedeutet, Geduld zu haben, die wurde schließlich belohnt. Ganz gemütlich geht es nun am Wind, also mit Wind schräg von vorne, denn er hat deutlich die Richtung geändert, weiter. Wir müssen sogar kreuzen, um nicht durch das Schutzgebiet kurz vor Ringsaker zu fahren.



Unter der Mjøsabrücke

So kommen wir doch ein Stückchen voran, vorbei am Campingplatz Redalen bis nach Dalsjordet. Kleine Hütten am Wasser, die stark befahrene Straße nach Gjøvik direkt dahinter stört den Norweger anscheinend nicht wirklich, ein Platz für viele kleine Motorboote, irgendwie ein Idyll, und ich segele denen direkt vorm Garten langsam vorbei. Sehr nett. In einem Garten hält sich eine größere Familie auf, eines der Kinder fängt lauthals an zu schreien. Sofort ist der Wind still, das Kind leider nicht. Es ist zwölf Uhr, die zweite totale Flaute heute.



Dalsjordet

Gelegentlich erhasche ich einen Windhauch, der mich ein paar Meter weiter schiebt. Immerhin kann ich schon Gjøvik sehen. Mache mir allmählich Gedanken, wo ich zu Nacht bleiben werde, bei dem Schneckentempo ist die Reichweite ja begrenzt. Als Maximalziel hatte ich mir Kapp ausgesucht, das Ziel verschwindet zusehends aus dem Bereich des Möglichen. Aus Langeweile fange ich an, die Nahrungsvorräte zu reduzieren, ein paar Kekse und eine Dose Ananas sind nun weniger im Boot (selbstverständlich ist die leere Dose noch da, werfe meinen Müll ja nicht über Bord). Kaum mit der Dose in Gang, dreht der Wind ständig. Ich glaube schon, das bisschen Wind aus Unachtsamkeit zu verdaddeln, aber nein, es kommt Bewegung in die Luft. Die Dose ist gerade leer, da bekommen wir richtig schönen Wind. Hoch am Wind mit ordentlich Schräglage jagen wir über den Mjøsa. Gjøvik ist groß, trotzdem fliegt es förmlich vorbei. Superschönes Segeln auf dem hier schon deutlich breiteren Mjøsa.



Gjøvik

Gegen halb vier muss ich mich entscheiden, geht es nach Kapp, oder segele ich unter der Nessundbrücke nach Hamar. Ein Blick zurück nach Gjøvik zeigt einen dunklen Himmel mit großen Gewitterwolken. Also wähle ich die kürzere Strecke und wende nach Süden Richtung Kapp. Dort kurz vor dem Hafen nehme ich zehn Minuten vor fünf die Segel herunter, um in den Hafen zu motoren. Tatsächlich werde ich noch während der Einfahrt nass, ein Schauer konnte nicht mehr länger warten. Dafür gelang das Anlegemanöver, als hätte ich noch nie etwas anderes gemacht. Eine große Überraschung gab es dann noch zu den Liegegebühren. Gästeplätze sind hier frei, sagte mir ein heimischer Segler, der einzige Segler im Hafen, das würde man am Mjøsa auf Gegenseitigkeit machen. Zumindest Hamar sei auch kostenlos. Ist auch irgendwie logisch, hier kommen eigentlich nur Gäste von anderen am Mjøsa liegenden Vereinen. Wenn jeder Verein Gastplätze umsonst zur Verfügung stellt, haben alle bei gleichem Nutzen keinen Aufwand mit der Verwaltung. Wie eine große Familie, die Bötchenfahrer am Mjøsa. Schön. Wettermäßig gab es dann noch schöne Regenbögen und ein paar Donnerschläge.



Im Hafen von Kapp

25.07.2016

Eine Begebenheit von gestern muss ich noch nachtragen. Kurz vor Dalsjordet kommt mir ein Motorboot entgegen, mittelgroß, nichts Besonderes, aber auch nicht winzig. Es hält genau auf mich zu. Ich habe leichten Wind und kann langsam am Wind voransegeln. Mal sehen, wann der ausweicht. Nichts. Wir fahren Bug auf Bug direkt aufeinander zu. Noch 50 Meter. Ich luve etwas an, Wind kommt von rechts, also weiche ich dadurch leicht nach rechts aus. Mehr geht nicht, wenn ich nicht wenden will. Vom Motorboot keine Reaktion. Wir fahren dann wohl drei Meter aneinander vorbei. Braungebrannter nackter Oberkörper, vielleicht Mitte sechzig. Er grüßt, ich grüße zurück, kann mir aber ein Kopfschütteln nicht verkneifen. Er wird es vermutlich noch nicht einmal verstanden haben.



Der Hafen von Kapp

Habe heute besser geschlafen, so dass ich erst gegen neun Uhr den Hafen von Kapp verlasse. Segeltechnisch fängt der Tag ja gut an. Erst versuche ich das Großsegel zu setzen, ohne dass das Vorliektau in der Mastnut eingefädelt ist (damit wird das Segel am Mast gehalten). Das Segel wird zwar hochgezogen, hängt aber frei herum. Wo habe ich bloß meine Gedanken gehabt? Also wieder runter mit dem Lappen. Beim nächsten Anlauf fliegt mir der Block, mit dem das Fall (das Seil zum Hochziehen des Segels) ins Cockpit umgelenkt wird, um die Ohren. Der Schäkel, mit dem der Block am Mastfuß befestigt war, hatte sich geöffnet und nun verbogen. Jetzt erst einmal den Motor auf kleinste Drehzahl stellen und aus der Kleinteilkiste einen Ersatzschäkel montieren. Der Motor hatte wohl keine Lust, so sinnlos herumzutuckern, daher schaltete der sich einfach ab. Kein Problem, ist wenigstens Ruhe an Bord. Nett, wenn die Geräte mitdenken. Als alles zum Segelsetzen bereit ist, will ich dazu den Motor starten. Mit Motor kann ich gegen den Wind fahren, und nur gegen den Wind kann ich das Großsegel setzen. Er lässt sich nicht starten, die Reißleine ist fest und kann nicht ein winziges Stück gezogen werden. Was ist damit los? Was für ein verhexter Tag. Irgendwann verstehe ich, dass noch der Vorwärtsgang eingelegt ist, und technisch vernünftig lässt sich der Motor nur im Leerlauf starten. Wieder etwas gelernt. Als dann die Segel gewohnt problemlos gesetzt sind, bin ich schweißgebadet.



Helgøya von Westen

Klar zur Tour rund um die Insel Helgøya nach Hamar, wo ich mit Klaus verabredet bin, der dort eine Maxi 77, einer der Bootstypen, die in meiner engeren Wahl standen, liegen hat, schläft erst einmal der Wind ein. Bis elf Uhr liegen wir vor dem Hafen und bewegen uns praktisch nicht. Erst danach kommt ein Lüftchen, das uns langsam an Helgøya entlang schiebt. Gegen halb zwei ist die Südspitze der Insel erreicht, ob ich einigermaßen pünktlich in Hamar ankomme? Der Trick von gestern scheint wieder zu funktionieren. Eine Dose Ananas vernichten, noch schnell den Pullover übergezogen, schon geht der Tanz los. Der bisher stärkste Wind dieses Törns lässt uns an der Ostseite von Helgøya entlang fliegen, so dass ich schon 55 Minuten später vor dem Hafen von Hamar die Segel herunternehme. Das Treffen mit Klaus, Petra und Burkard waren auch gekommen, war dann sehr nett und interessant, insbesondere die beiden doch sehr unterschiedlichen Bootstypen miteinander zu vergleichen.



Klaus Maxi, dahinter SINAto

26.07.2016

In der Nacht hat es geregnet. Das ist anders, als bisher. In den letzten Tagen war es nachts ruhig und trocken, vormittags dann eher windstill, um dann nachmittags gewittrig aufzufrischen. Mal sehen, wie dieser Tag wird. Zuerst bummele ich aber durch Hamar und finde zufällig eine Quelle für losen Tee, sowohl Rooibos als auch schwarzen. Normalerweise müssen wir uns den in ausreichender Menge aus Deutschland mitbringen.

Gegen elf Uhr geht es dann los. Heute ist der vierte Tag, fünf habe ich noch für den Rückweg, also will ich so weit südlich kommen, wie nur möglich. Tangen ist das erklärte Ziel. Schon im Hafen habe ich das große Vorsegel gegen das kleine ausgetauscht. Da es jetzt schon windig ist, erwarte ich für später noch mehr. Wie sich zeigen wird, war diese Annahme nicht ganz falsch. Aus dem Hafen heraus setze ich das Großsegel und denke, dass das fürs erste reichen soll. SINAto läuft damit ganz gut voran, ohne allzusehr zu krängen. Warum nicht etwas gemütlicher beginnen?



Helgøya, jetzt von Osten

Es geht den gleichen Weg zurück, den ich gestern gekommen bin, vorbei an Helgøya. Der Wind nimmt zwischendurch immer mal wieder zu, auch ohne Vorsegel ist die Krängung ausreichend, also doch nichts mit gemütlich. Wir segeln am Wind gegen anlaufende Wellen, immer wieder steigt der Bug auf und knallt in das nächste Wellental. Die Gischt spritzt dabei bis ins Cockpit. Eineinhalb Stunden benötige ich für den Weg, für den ich gestern mit großem Vorsegel, Großsegel und halbem Wind (halber Wind hat nichts mit der Windstärke zu tun, sondern bedeutet, dass der Wind seitlich einfällt. Für gewöhnlich erreicht man damit eine sehr gute Geschwindigkeit) 55 Minuten brauchte, nicht schlecht. An Helgøya vorbei bin ich an der breitesten Stelle des Mjøsa. Hamar und Gjøvik sind zu sehen, und, mit Ausnahme der Südspitze von Helgøya, ist im Umkreis von fast fünf Kilometern nur Wasser. Was für ein Teich!



Ohne Vorsegel

Ich wechsele den Bug und fahre Richtung Osten. Der Wind hat sich etwas beruhigt, und so setze ich doch noch das kleine Vorsegel. Am östlichen Ufer angekommen, wird wieder der Bug gewechselt, und am Ufer entlang geht es südlich Richtung Tangen. Der Mjøsa verengt sich hier wieder, je weiter ich in den Trichter fahre, umso stärker wird der Wind. Ich vermute einen Düseneffekt durch die Berge links und rechts. Schon bald wird mir der Wind zu stark für beide Segel, das Vorsegel muss wieder runter, habe ich bei solchem Wind segelnd noch nicht gemacht, also wieder eine Gelegenheit, neue praktische Erfahrungen zu sammeln. Ruder festklemmen, Großschot fieren, das Groß schlägt dabei ganz ordentlich, Fockfall lösen und mit der Leine, die ich vom Fockfall ins Cockpit gelegt habe, die Fock herunterziehen. Zu blöd, dass das Fockfall etwa zwei Meter zu kurz ist, das werde ich gegen ein längeres austauschen, wenn der Mast wieder liegt, aber daran will ich jetzt nicht denken. Danach auf den tanzenden Bug, Segelkopf vom Fall lösen, das Segel ganz herunterziehen und an der Reling festlaschen. Zurück im Cockpit Großschot dichtholen und das Ruder übernehmen. Klasse, geht doch ganz gut.



Helgøya, links Gjøvik, rechts Hamar

Mit dem längeren Fockfall könnte man sich eventuell den Weg nach vorne sparen. Mit dem Fockfallniederholer (taufe die Leine jetzt so, die habe ich mir schließlich selbst ausgedacht, auch wenn ich später im Netz gelesen habe, dass es wenigstens noch einer genauso macht), wird der Segelkopf ganz herunter gezogen und fixiert damit den vorderen Teil des Segels an Deck, mit der dichtgeholten Fockschot bindet man das Segelhorn an Deck, vielleicht reicht das für den Augenblick aus, und das Festlaschen an der Reling kann auf später verschoben werden. Nächstes Jahr werde ich es wissen. Eine andere Alternative wäre eine Rollfock. Klaus hat eine an seiner Maxi und ist schwer begeistert davon. SINAen hat auch eine, und die empfand ich immer als Sicherheitsfeature. Zuviel Segel gesetzt? Fockschot mit der einen Hand fieren und gleichzeitig mit der anderen Hand die Leine dichtholen, die die Fock aufrollt. Segelfläche weg in fünf Sekunden. Aber an eine Albin Express gehört sowas nicht, das wäre der totale Stilbruch, wie Kunststoffenster am Fachwerkhaus oder ein Gepäckträger am Rennrad.

Nur mit dem Groß geht es weiter in den Trichter mit ständig zunehmendem Wind. Das Großsegel hat zwar zwei Reffreihen, es fehlt aber die Vorrichtung am Rigg, das Segel auch zu reffen, noch ein Thema für den nächsten Winter. Somit habe ich eigentlich keine weitere Option zur Verringerung der Segelfläche. Eventuell könnte ich das Groß bergen und die Fock wieder setzen, die übrigens auch zur Sturmfock gerefft werden könnte, wenn denn, na klar, entsprechende Vorrichtungen vorhanden wären. Bei dem Wind das Groß zu bergen, ist auch eine der praktischen Erfahrungen, die ich noch vor mir habe. Aber nicht jetzt. Außerdem muss ich ja nicht nach Tangen, nichts zwingt mich dahin. Es kommt zum ersten Mal der Gedanke, das Vorhaben abzubrechen. Kapp wäre eine gute Alternative, den Hafen kenne ich schon, ich bräuchte mir dann keine Gedanken über die Navigation zu machen. Allein das Heraussuchen der notwendigen Karten für den Alternativhafen kann ich mir bei dem Tanz auf den Wellen nicht vorstellen. Als die Krängung so stark wird, dass der untere Teil des Relingnetzes durch das Wasser zieht, ist Tangen als Zielhafen gestorben. Großfall fieren und abfallen Richtung Kapp. Mit halbem bis leicht achterlichem Wind geht es weiter, der Druck auf dem Segel ist sehr groß, die Fahrt auch. Die nun von schräg hinten einfallenden Wellen müssen gut ausgesteuert werden, um nicht querzuschlagen, da ist volle Konzentration gefordert.



Mit der kleinen Fock Richtung Osten

Bilder von diesem Teil des Törns gibt es natürlich keine, dazu fehlte mir wenigstens eine Hand. Je weiter ich aus dem Trichter herauskomme, desto ruhiger wird es, zumindest die Spitzen sind weg. Dafür kündigt sich die nächste Herausforderung am Himmel an. Von Gjøvik her ist der Himmel schwarz, ich segele noch in der Sonne und hoffe, Kapp trocken zu erreichen. Doch den Wettlauf verliere ich um etwa eine halbe Stunde. Mit Einsetzen des Regens nimmt der Wind noch einmal deutlich zu. Großsegel runter und mit dem Motor in den Hafen ist meine Anweisung an mich selbst. Also doch noch die praktische Erfahrung sammeln, Großsegel bergen bei starkem Wind.

Erst gestern habe ich mit Klaus über den Nutzen einer Dirk diskutiert. Die Dirk hält den Baum oben, wenn das Segel herunter genommen wird, sonst fällt das Ende des Baumes auf das Boot, wenn das Fall gelöst wird. Damit das nicht passiert, muss ich den Baum (bei Klaus Maxi ist das genauso) am Achterstag anhängen, was den gleichen Effekt hat, als wenn man die Schot dicht holt: Es ist Druck auf dem Segel, wenn man nicht gegen den Wind fährt. Gegen den Wind hat man ohne Motor keine Fahrt und der Ruderdruck ist weg, weshalb das Boot dann in irgendeine Richtung fährt und der Druck wieder ins Segel kommt. Ist man alleine, kann das auch niemand steuern, denn zum Segelbergen muss ich an den Mast. Also zuerst das Fall lösen, damit kommt das Segel schon mal etwas herunter. Den Baum in Empfang nehmen und das Ruder so stellen, dass das Boot gegen den Wind dreht. Das Segel muss herunter sein, bevor die Wende fertig ist, der Wind also vom anderen Bug in das Segel blasen kann. Schnell erst den Baum am Achterstag einhängen, dann zum Mast und das Segel am Vorliek herunterziehen, dabei mit dem unteren Meter des Segels eine Tasche bilden, in die der Rest des Segels hineinläuft. Die Tasche dann auf den Baum schlagen und dort festbändseln. Entsprechende Bändsel habe ich dazu griffbereit an der Reling befestigt. Diese Anleitung gilt so nur für Boote, bei denen das Vorliektau in der Mastnut eingeführt ist, die üblichere Methode mit Mastrutschern soll wesentlich einfacher in der Bedienung sein. Als ich das Segel das erste Mal im Hafen gesetzt hatte, wusste ich nicht, wie ich damit umgehen sollte. Im Netz fand ich dann zwei Methoden, bei der einen wird das Segel heruntergelassen und etwa ab der Mitte zusammengelegt und aufgerollt, das ist vom Ergebnis vielleicht schöner anzusehen, dauert aber ewig und ist alleine kaum zu händeln. Die zweite Methode ist die mit der Tasche, die geht sehr schnell und auch sehr gut alleine. Das Boot tanzt dank des fehlenden Segeldrucks noch stärker auf den Wellen, ich klammere mich am Baum fest, während ich das Segel festbinde. Mit dem ersten festgezogenen Bändsel ist der Kampf entschieden, die anderen fünf Bändsel helfen, das Ungeheuer endgültig zu bändigen.



Ohne Worte

Jetzt den Motor an und erst einmal näher an Land, um den Windschatten zu nutzen, dann am Ufer entlang nach Kapp. Fender raus, Leinen Klarmachen und schließlich gegen vier Uhr im Hafen Festmachen sind dann wieder reine Routineaufgaben, natürlich im strömenden Regen. Egal, war spannend, lehrreich und hat nebenbei auch noch Spaß gemacht. Ist ja mein Urlaub, habe ich mir so ausgesucht. Während ich das schreibe, liege ich in der Kajüte, Schotten dicht, mal trommelt der Regen aufs Boot, und mal scheint die Sonne, der reine Luxus gegenüber einer Jolle, für die das heutige Wetter auch mindestens eine Nummer zu stark gewesen wäre.



Willkommen bei der Kapp Bootsvereinigung

27.07.2016

Heute hat es mit dem Ausruhtag geklappt. So langsam mache ich mich auf den Heimweg, habe mir daher Gjøvik als Zielhafen ausgesucht. Viel zu berichten gibt es von dieser Strecke nicht. Bei einem ruhigen Wind geht es sehr entspannt raumschots, also mit Wind von schräg hinten, voran. Ab und zu ist eine Halse fällig, das war es fast. Bei dieser wenig fordernden Fahrweise hätte ich dann beinahe die deutlich in der Karte eingezeichneten Kongsrudskjæra übersehen, das sind ein paar Untiefen auf der Ostseite des Mjøsa, östlich von Gjøvik. Allerdings sind die deutlich mit Warnbaken gekennzeichnet, so dass ich das Gebiet rechtzeitig bemerkt habe. Übrigens habe ich gerade gelesen, dass die Tiefenangaben auf der Seekarte von Messungen stammen, die um 1900 vom Eis aus vorgenommen wurden.



Regattatraining mit Spinnaker vor Gjøvik

Nach knapp vier Stunden habe ich mein Ziel erreicht und in der Nähe des Skibladnerkais angelegt. Auch das ist eine wichtige Erkenntnis dieser ersten "Langtour" auf dem Mjøsa, wo man wie anlegen kann und welche Möglichkeiten jeweils vor Ort vorhanden sind. Die nachmittags auftretenden dunklen Wolken sind heute später, es ist jetzt kurz nach halb fünf und sie sind nun da, es regnet aber noch nicht. Gestern waren sie deutlich früher.



Der Skibladner ist überall, wo auch ich bin

28.07.2016

Die Nacht über hat es geregnet, gegen Morgen bläst ein stärkerer Wind aus Süd, so dass SINAto am Kai ordentlich schaukelt. Gegen sechs Uhr war daher die Nacht zuende. Zeit, mich auf den Weg zurück zu machen. Gegen acht Uhr lege ich ab und setze nur das Vorsegel, will mich von dem Rückenwind einfach den Mjøsa hinauf treiben lassen. Das findet der Wind höchst unsportlich und stellt daraufhin seine Tätigkeit weitestgehend ein. Also Vorsegel wieder runter, Motor an, Boot gegen den Wind drehen, Großsegel hoch, Motor aus, Vorsegel hoch. Na also, dafür gibts auch wieder ein bisschen Wind. Gemütlich raumschots mit gelegentlichen Halsen ziehen wir nordwärts. Schon zweieinhalb Stunden später ist die Mjøsabrücke passiert. Danach wird es abwechlungsreicher. Der Wind stellt noch einmal zusammen, was er die letzten Tage geleistet hat. Von totaler Flaute bis zu ziemlich großer Krängung am Wind, dann wieder Wind von hinten mit Schmetterlingssegelstellung, das volle Programm. Entgegen allen Erwartungen ist das Wetter aber sehr schön, tausche sogar Regenjacke gegen Sonnencreme, und so entscheide ich, diesen wunderschönen Tag so auszunutzen, dass ich bis nach Lillehammer fahre, sofern der Wind nicht einschläft oder wieder ein Gewitter aufzieht. Aber alles gut, mit den bereits beschriebenen Abwechslungen geht es doch recht zügig voran, und um drei Uhr, also nach sieben Stunden, sind die Segel wieder unten, die Fender raus, und der Motor für die Fahrt in den Hafen gestartet.



Rolling home

Fazit

Das war nun der erste mehrtägige Törn mit dem neuen Boot auf dem neuen Revier. Der Mjøsa ist wunderschön und groß genug für einen längeren Törn dieser Art. Den ganzen südlichen Teil habe ich ja noch nicht einmal in den sechs Tagen geschafft, und Richtung Brumundal war ich auch noch nicht. Die Lösung mit den kostenlosen Gästeliegeplätzen finde ich sehr gut und macht das Reisen noch bequemer, einfach in den Hafen einlaufen, festmachen und ablegen wann man will. Mit dem Boot bin ich auch sehr zufrieden, insbesondere die Segeleigenschaften bei schwachem Wind faszinieren mich immer wieder. Man sitzt auf dem Boot, Windstille, nichts rührt sich. Und dann kommt da so ein Hauch von einem Lüftchen und die knapp zwei Tonnen setzen sich sofort in Bewegung. Bei stärkerem Wind ist es gut, nicht mehr die Angst vor dem Kentern haben zu müssen, wobei die bei mir bei stärkerer Krängung immer noch vorhanden ist, daran muss ich mich erst gewöhnen. Über zwölf Jahre Jollensegeln hat sich ins Gehirn gebrannt. Und dann die Kajüte. Ankommen und sofort ein Zuhause zu haben, ist Luxus pur. Die paar Dinge, die noch nicht ganz so sind, wie ich sie mir vorstelle, werde ich im Laufe der Zeit anpassen, wie das längere Fockfall oder die Möglichkeiten zum Reffen.



Bin wieder da


eMail Gästebuch

30.07.2016