Zwei Tage Indre Sogn

Nur ein kurzer Törn, mehr gibt der Kalender einfach nicht her. Aber lang genug für einen Bericht:



Der Ausschnitt des Sognefjords, in dem mein kurzer Törn stattfand (Quelle: Kystverket)

01.08.2013

Vielleicht ist dieses der letzte längere Törn mit SINAen. Auf jeden Fall werde ich ihn entsprechend würdigen. Ein kleines Kajütsegelboot ist vom Familienrat genehmigt, allerdings mit der Auflage, dass SINAen dann weg muss. Alles andere wäre allerdings auch Unsinn, die Saison hier ist sehr kurz, was sollte man da mit zwei Booten. Es hängt nur noch von einem geeigneten Liegeplatz ab, und der ist schwer zu bekommen. Aber genug davon, ich bin auf Tour mit SINAen.



Abfahrt aus Balestrand bei fast Windstille

Drei Tage werden es dieses Mal nur, mehr Zeit konnte ich mir nicht abknapsen. Wenn Simone am Samstag um zwei Uhr den Laden schließt, will ich wieder zurück sein.

Indre Sogn ist die diesjährige Reisegegend, also der innere Sognefjord. Vor zwei Jahren war es Ytre Sogn, der äußere.

Im Regen lege ich ab, fast Windstille. Trotzdem fahre ich kurz an die Boje vom Aquarium und setze Segel. Ganz langsam dümpeln wir aus dem Esefjord hinaus. Simone kommt noch einmal aus dem Laden und ruft "Ahoi". Schön, freut mich, so winken wir uns noch eine Weile hinterher.

Es wird dann doch noch etwas windiger, bei einer schwachen 3 zieht SINAen recht flott über den Sognefjord Richtung Vangsnes. Der Regen hatte nicht lange angehalten. Nach etwa zwei Stunden bin ich hinter den Fährlinien angekommen, gerade so aus dem Weg, als der Wind total einschläft. Die nächsten zwei Stunden stehen wir herum, es geht nicht vor und nicht zurück. Dann habe ich die Nase voll und werfe den Motor an.



Selje, ganz nah

Richtung Feios geht es nun etwas lauter. Kommt kein Wind, übernachte ich dort. Schon nach einer Viertelstunde kommen Anzeichen von schwachem Wind, also Motor wieder aus und ein Stückchen segeln. Das hält aber nicht lange an, also wieder tuckern. In Feios fahre ich die gesamte Strandlinie ab, kein Platz gefällt mir, das ist mir alles zu privat. Gegen 16 Uhr kommt dann doch noch einmal Wind auf. Dann eben nicht Feios, schließlich will ich ja segeln.

Ein Frachter und eine riesige Motoryacht ziehen vorbei. Beim aussteuern der Wellen merke ich, dass ich mit dem bisschen Wind wesentlich mehr Fahrt mache, wenn er seitlich einfällt. So entscheide ich mich, quer über den Fjord auf die andere Seite zu wechseln. Richtung Hermansverk ist der neue Kurs. Das ist ein schönes Segeln!



Ein Frachter, vermutlich auf dem Weg nach Årdal

Auf der anderen Seite angekommen, lege ich mich platt vor den etwas stärker gewordenen Wind. In Schmetterlingsstellung ziehen wir den Fjord entlang. Auf der anderen Seite sehe ich jetzt Fresvik, ein mögliches Ziel des ersten Tages. Simone schlug Fimreite als Etappenziel vor. Dahin ist es etwas kürzer, außerdem sieht es dort mehr nach einem ruhigen Liegeplatz für die Nacht aus. Auf der Karte sehe ich auch zwei kleine Inseln, vielleicht kann ich mich hinter eine legen. Ich entscheide mich schließlig für Simones Vorschlag.



In Schmetterlingsstellung Richtung Fimreite

In Fimreite angekommen, gibt es dort eine Menge Bootsplätze. Trotzdem versuche ich erst mein Glück bei den kleinen Inseln. Aber da ist nichts einladendes, so kehre ich wieder um und fahre an einen Steg, der recht öffentlich aussieht.

Beim anliegenden Haus klingele ich bei Familie Fimreite. Der Steg, an dem ich liege, ist privat. Nebenan ist der Steg vom Dorfverein, die hätten bestimmt nichts dagegen, aber auch an dem privaten Steg könne ich ruhig liegen bleiben.



Hier bleibe ich über Nacht

Trotzdem setze ich SINAen um und übernachte beim Grendelag, dem Dorfverein. Es ist schon 19 Uhr, als ich endlich an Land bin. War ein langer Tag, der stilgerecht mit einer Erbsensuppe und einer Dose Ananas endet.



Zwei-Gänge-Dinner

02.08.2013

Gestern Abend habe ich noch mit Simone telefoniert. Die Wettervorhersage sagt für Freitag noch schönes Wetter, aber abends Gewitter, ab Samstag dann nur noch Starkregen. Na gut, dann fahre ich also wieder nachhause.

Die Nacht war recht erholsam, ein paar Mal wachte ich auf, weil Regen auf die Persenning fiel, dennoch bin ich gut erholt, als ich mich etwa Viertel vor acht aus dem Schlafsack pelle. Der Wind hat um 180 Grad gedreht und ordentlich aufgefrischt, er bläst direkt in die Kaianlage. Den Wind will ich nutzen und verzichte dafür auf das Frühstück.



Blick über das Segelrevier, im Hintergrund liegt Balestrand, ist aber nicht zu erkennen

Das Ablegemanöver hätte perfekt werden können: Nase im Wind, Leinen los und Motor an. Er kommt immer spätestens beim dritten Zug, absolut zuverlässig. Heute nicht. Natürlich habe ich in alter Gewohnheit den Notausclipp abgezogen und in die Backskiste gepackt, denn in Balestrand hat man mir den schon vom Motor geklaut. Da liegt er immer noch. Mit den Fingern ziehe ich den Nippel raus, der Motor startet, aber es ist zu spät, der Wind hat die Nase schon zu weit herübergedrückt, so endet der erste Versuch am Steg gegenüber. Ohne die 3 Sekunden Motorlauf hätte der Wind das Boot umgedreht und mit der Nase voran auf Land gesetzt, so gesehen, war es fast noch ok. Der zweite Anlauf lief dann reibungslos.

Da mir der Steg zu eng zum Segelsetzen war, brauche ich nun eine Boje, an der ich festmachen kann. Bei dem starken auflandigen Wind benötige ich mehrere Versuche, irgendwie fehlt immer eine Hand zum Gas Wegnehmen, Steuern und mit dem Bootshaken die Boje zu fangen, aber schließlich gelingt auch das, und das Segel wird hochgezogen.

Zurück auf dem Fjord kommt der Wind wieder genau von hinten. Heute will ich aber mehr Fahrt im Boot haben, deshalb fahre ich raumschots, also mit Wind von schräg hinten und halse ab und zu, fahre also zickzack vor dem Wind.



Kurs Heimat. Das einzige Bild bei dem Wind

SINAen rauscht ordentlich los, beide Segel gesetzt. Bei dem Wind, sicherlich eine gute 4, muss ich ständig aufpassen, an Fotos zu schießen, ist nicht mehr zu denken.

Als ich weit genug von dem hinter mir liegenden Berg weggekommen bin, bleibt der Wind stetiger. Daher verzichte ich auf die nächste Halse und fahre direkt über den Fjord auf die Seite von Feios. Gelegentlich dreht der Wind, so dass ich dann direkt Kurs auf Balestrand setzen kann.

Allmählich kommt das Land näher, ich müsste langsam halsen. Eigentlich hatte ich gehofft, dass der Wind kurz vor dem Land weniger wird, aber den Gefallen tut er mir nicht. Also rolle ich erst das Vorsegel ein und fahre die Halse bei recht starkem Wind.

Das Gegenruder beim Segelwechsel war wohl etwas zu zaghaft. Vielleicht hat uns auch eine Welle umgedreht, auf jeden Fall schießt SINAen deutlich über das Ziel. Viel zu hoch am Wind krängt sie gewaltig. Auf Ruder reagiert sie nicht mehr, ausreiten kann ich nicht, da die Füße noch nicht im Ausreitgurt sind, und die freie Hand ist weit weg von der Schot, um das Segel öffnen zu können, da die ja gerade das Segel beim Überholen abgebremst hat. Gleich beim ersten Griff bekomme ich die Schot zu fassen, öffne das Segel, und die Situation ist gerettet. Es waren nur ein paar Sekunden, aber ich denke, dass wir im Wasser gelegen hätten, wenn es noch ein paar mehr gewesen wären.

Der Wind hat noch einmal ordentlich zugelegt. Nur mit weit geöffnetem Großsegel jagt SINAen durch die bis zu einem halben Moter hohen Wellen. Ich bin etwas angespannt, genieße aber dennoch die flotte Segelei, die meine volle Aufmerksamkeit fordert. Ständig muss die Richtung korrigiert werden, denn die hereinrollenden Wellen wollen SINAen immer aus dem Kurs werfen.

Je näher ich Vangsnes komme, um so langsamer wird die Fahrt. Die Wellen werden kleiner und plötzlich ist Ruhe. Nur die Wellen verraten, wie windig es bis gerade eben noch war. Für den Wind kommt Regen. Ich nehme um halb zwölf das Großsegel weg und starte den Motor. Nun will ich möglichst schnell nachhause. Bei der tollen Wettervorhersage ist es gut möglich, dass das Gewitter statt abends schon jetzt kommt.



Es fängt an zu regnen

Ich sitze im Boot, Trockenanzug über dem T-Shirt, und es gießt in Strömen. Mir wird langsam kalt, und ich bin heilfroh, den Außenborder zu haben. Mit seinen 2,3 PS bringt er uns stetig näher an Balestrand.

Noch etwa eine Stunde Weg haben wir vor uns, da blitzt es. Ich bin mir nicht sicher, ob es nur eine Einbildung war, aber der deutliche Donner etwa 10 Sekunden später gibt Klarheit. Möglichst tief setze ich mich ins Boot, Wasser rinnt um mich herum, das ich mit dem Schwamm immer wieder aus dem Boot befördere.

Es ist schon eine merkwürdige Stimmung, bei solch einem Weltuntergangswetter mit so einer Nussschale über den großen Fjord zu tuckern, aber es geht alles gut und irgendwann mache ich im Hafen von Balestrand fest.

Wenn morgen die ganzen Klamotten getrocknet und weggepackt sind, ist diese Tour endgültig zuende. Sie war kurz, kürzer als geplant, aber sehr intensiv. Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, sich dazu aufgerafft zu haben.
eMail Gästebuch

03.08.2013